Das „R“ in Baerlocher steht für Resilienz. Das Unternehmen meistert immer wieder erfolgreich große Herausforderungen. Gute Führung und ein Quäntchen Glück sind dafür verantwortlich, aber der Erfolg ohne langfristige, stabile und vor allem gute Kundenbeziehungen undenkbar.
Krisen stärken den Charakter, heißt es. Baerlocher hat zahlreiche politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Krisen und Herausforderungen überstanden. Denn man hält zusammen, kann auf Know-how, Erfahrung und Teamgeist bauen. Weil man bei Baerlocher bereit ist, neue Situationen anzunehmen und zu gestalten. Das gilt für die berechtigten Erwartungen an nachhaltige und umweltschonende Lösungen ebenso wie für exogene Schocks. Man denke an die Wirtschafts- und Finanzkrise 2008, die Corona-Pandemie mit der Störung weltweiter Lieferketten und die Energiekrise infolge des russischen Kriegs gegen die Ukraine. Und es gibt Unfälle wie den Großbrand in Lingen 1996. Doch der globale Footprint bietet Ausweichmöglichkeiten bei lokalen Herausforderungen. Dieses Sicherheitsnetz macht Baerlocher aus, resilient und so für Kunden zum verlässlichen Partner weltweit.
Lingen: Verwandelt
Ende der 1970er startet Baerlocher mit dem neuen Produktionsstandort Lingen neu durch, wo die damals wohl modernste Fertigungsanlage für Stabilisatoren steht. Lingen übertrifft die Erwartungen, wird gar zum Symbol für eine neue Baerlocher-Ära. Doch 1996 kommt es zu einem tragischen Großbrand. Es ist ein Schockmoment für die ganze Gruppe. Um 2:30 Uhr schrillt der Rauchmelder infolge einer Anlagenfehlfunktion. Es folgt ein Großeinsatz, der drei Stunden dauert. Der Brand zerstört die drei obersten Etagen des Turms C. Ein Feuerwehrmann wird leicht verletzt. „Es war desaströs“, erinnert sich Management-Mitglied Andy Jones, den die Nachricht damals am Telefon ereilt. Vor Ort wird schnell reagiert, die Bevölkerung informiert und alle Beteiligten werden eingebunden. Rohstoffe und Produktionskapazitäten sind zerstört. Eine große logistische Herausforderung. Doch man hält in der Gruppe weltweit zusammen, von den USA nach Brasilien, Frankreich, Italien und Malaysia. Möglich wird das auch durch weltweit einheitliche Qualitätsstandards. Es geht nun darum, den Verlust von Marktanteilen zu verhindern. Und es zeigt sich in vielen Fällen, dass sich intensive Kundenbeziehungen langfristig auszahlen. Und: Es geht weiter.
Bis 1998 wird modernisiert, automatisiert, um die Wettbewerbsfähigkeit drastisch zu erhöhen. Die ohnehin hohen Sicherheits- und Produktionsstandards werden abermals angehoben. Am Ende steht trotz aller kurzfristiger Schäden ein langfristiger Image-Gewinn. Ähnliches spielt sich 2010 bei einem Zwischenfall in Italien ab. Der langjährige Betriebsratsvorsitzende Wolfgang Florian ist überzeugt, dass man nur als Familienunternehmen die Stärke habe, „die man dann auch dahinter setzen kann, wenn man was mit Nachdruck verfolgen will“.
Jüngere Bewährungsproben
Im Zuge des Bleiausstiegs in Europa gewinnt Baerlocher wertvolle Erfahrungen mit marktorientierten Zukunftslösungen. Das zahlt sich bald aus: Auf den Rohstoffmärkten gibt es Mitte der 2000er Jahre spürbare Verschiebungen. Die Preise für Zinn, Zink, Rohöl und Blei erleben einen deutlichen Anstieg. Das hat Folgen für die Liquid Mixed Metals, die gesamte Stabilisatorenbranche und damit die Endanwender. Allein zwischen 2006 und 2007 kommt es z.B. in Indien zu einer Teuerung von Stearinsäure um fast 100 Prozent. Dass auch die Bleipreise explodieren, macht Bleialternativen wie Ca/Zn-Systeme nun auch in den PVC-Märkten außerhalb Europas attraktiv. Das ermöglicht Baerlocher, den Erfahrungsvorsprung voll auszuspielen. Bei Calcium-basierten Systemen ist Baerlochers türkische Tochtergesellschaft Baerlocher Kimya Markführer in Regionen wie dem Nahen und Mittleren Osten und Afrika.
So wie die Asienkrise den asiatisch-pazifischen Raum in den 1990ern in Turbulenzen bringt, macht die Wirtschafts- und Finanzkrise Europa und Nordamerika ab 2008 dramatisch zu schaffen. Das gilt auch für Baerlocher. So geht die Nachfrage nach PVC und damit auch Stabilisatoren zurück. Und die weltweiten Marktanteile verschieben sich. War Europa lange Zeit der größte Markt für Baerlocher, dreht sich das Verhältnis nun um. Möglich ist das nur, weil seit den 1980er Jahren eine intensive Internationalisierungsstrategie verfolgt wird. Auch zahlt sich die Diversifikation des Portfolios aus, z.B. durch die SPA oder neue Märkte wie Wood Plastic Composites (WPC). Zugleich entwickelt Baerlocher eine „Organisationsresilienz für exogene Schocks“, berichtet CEO Arne Schulle. Denn Krisen gibt es immer und das weltweit. Darauf ist man nun besser vorbereitet. Dazu trägt auch die hohe Eigenverantwortung der Mitarbeiter und ihr Wille zur Spitzenleistung bei.
Und so sind die Lektionen der einen Krise in der Corona-Pandemie ab Frühjahr 2022 eine Stärke. Nun kommt ein krisenerprobtes, erfahrenes Team zusammen, das erprobte Mechanismen anwendet. Die größte Herausforderung, um zukunftsfit zu sein, ist aber langfristig die Unternehmenskultur zu formen, Forschung und Entwicklung zu stärken und über Diversifikation neue Märkte und Marktsegmente zu erschließen. Und genau das geht man bei Baerlocher in guter Tradition vorausschauend an.